Der große Buddha

[Tag 4]

Heute verlassen wir die Stadt und besuchen das ehemalige politische Zentrum des Shogunats. Bei unserer letzten Reise vor drei Jahren hatten wir diesen Ausflug glatt verpennt.

Doch dieses Mal lassen wir uns das nicht entgehen. Um 8 Uhr trifft sich die Reisegruppe vor dem Hotel. Obwohl uns der Jetlag noch in den Knochen steckt, sind wir nach dem Frühstück pünktlich zur Abfahrt bereit. Unser heutiges Ziel heißt Kamakura (gesprochen Kammackurra). Diese kleine Stadt liegt südlich von Tokyo an der Küste und war vom 12. bis 14. Jahrhundert während der Militärherrschaft der Shogune der Regierungssitz und das Zentrum Japans, weshalb hier einige interessante Tempel und Schreine zu finden sind.

Die Fahrt mit JR dauert etwa 1,5 Stunden. Dort angekommen steigen wir abermals um in einen Lokalzug, der uns in wenigen Minuten in den Ortsteil Hase bringt. Während der fahrt ist heute etwas anders, als zuvor. Denn heute wirken die mitfahrenden Japaner gelassener als sonst. Während in Tokyo noch die allermeisten geschäftig im Anzug unterwegs waren, treffen wir heute (Am Wochenende) in den Zügen auf viele in Freizeitkleidung. Auch für die einheimischen ist Kamakura ein beliebtes Ausflugsziel.

Bahnhof Hase

Am Ziel besuchten wir zuerst den Daibutsu, den großen Buddha. Mit knapp 13 Metern ist er die größte Buddha-Bronzefigur in Japan. Sitzend betet er für die Erleuchtung aller Wesen, auf dass sie den Kreis der Reinkarnation durchbrechen und in das „Reine Land“ gelangen. Gegen eine kleine Spende kann die Buddha-Statue auch von innen bestaunt werden.

Nachdem wir der Erleuchtung etwas näher sind, führt uns Andreas zur nahegelegenen Hase-Tempelanlage. Im Haupttempel wird die Göttin der Barmherzigkeit (Kanon) verehrt. Daneben sind überall im Park tausende kleine Jizo-Statuen aufgestellt. Dieser kleine Mönch ist ein Beschützer der Toten. Insbesondere führt er die Seelen verstorbener Kinder über den Fluss der Unterwelt in das Jenseits. Eltern gedenken und trauern hier um ihren Verlust. Vor einer Statue finden wir eine Geburtstagskarte, neben einem Altar sind Kinderspielzeuge abgelegt. Der Anblick berührt uns sehr.

Trotz der Traurigkeit, die gesamte Tempelanlage ist einen Besuch wert. Sie liegt an einem Berghang und lädt mit verschlungen Wegen und schönen Gärten zu einem besinnlichen Spaziergang ein. Gleich neben dem Kanon-Tempel gibt es noch einen Kiosk und Platz für eine kleine Pause zum Picknicken. Von der Terrasse hat man einen tollen Blick auf die Stadt und den Strand.

Eine weitere Besonderheit ist der Shintō-Schrein auf der Anlage. Dieser liegt im inneren des Felsens. Der Durchgang ist zum Teil nur etwa 1m hoch, sodass man diesen nur im Entengang passieren kann.

Nachdem wir etwa eine Stunde das Gelände erkundet hatten, trifft sich die Gruppe wieder am Eingang. Zu Fuß machen wir uns auf den Weg zum nahe gelegenen Strand. Hier machen wir einen Moment Pause und genießen den Sonnenschein. Im und auf dem Wasser sind viele Menschen mit Surfbrettern unterwegs. Einige Wagemutige ziehen ihre Schuhe aus und gönnen ihren Füßen eine kurze Abkühlung im Meer. Das Wasser ist wärmer als gedacht. Schade, dass wir kein Handtuch eingepackt haben.

Wir fahren zurück ins Zentrum von Kamakura. Dort liegt ein weiterer großer Schrein, der dem Kriegsgott Hachiman gewidmet ist. Der Tsurugaoka-Schrein ist der bedeutendste von ganz Kamakura.

Tsurugaoka-Hachiman-Schrein

Vom Bahnhof aus, führt eine belebte Einkaufsstraße direkt bis zu dessen Eingang. Ich bin hier auf der Suche nach einem besonderen Buch. Früher am Tag hatte eine unserer Mitreisenden ein sogenanntes Goshuin-Buch gekauft. In diesem Buch lassen sich die Siegel sammeln, welche von vielen Tempeln und Schreinen ausgegeben werden. Dafür sind spezielle Tresen vorhanden. Gegen ein kleines Entgeld zur Spende (etwa 300yen), schreibt der Mönch per Hand und Pinsel kunstvoll den Tempelnamen ins Buch. Eventuell kommt noch ein Schutzzeichen hinzu. Nachdem auch das Datum vermerkt ist, kommt zum Schluss ein roter Stempel (Goshuin oder schlicht Shuin genannt) oben drauf.

Ich stöbere in der Einkaufsstraße nach einem solchen Büchlein. Diese kleinen Sammelbücher gibt es mit vielfältigen Motiven. In einem Papierladen werde ich fündig. Zu den vor uns liegenden Besichtigungen, wird das Buch nun stets dabei mit sein. So lässt sich ein ganz besonderes Reiselogbuch erstellen. Am Tsurugaoka-Schrein sammele ich gleich die ersten beiden Siegel.

Am frühen Abend sind wir zurück in Tokyo. Jonas und ich fahren direkt weiter nach Akihabara, dem Technik und Manga/Anime Viertel. Wir bummeln noch etwas durch die Geschäfte bevor wir wieder beim bekannten Tonkatsu zu Abend essen. Später um 20 Uhr steht erneut eine Runde Karaoke auf dem Programm. Nachdem wir die Pioniere waren, konnten noch ein paar der Mitreisenden für einen Besuch begeistert werden. Nach zwei Stunden Gesang und Geselligkeit endet auch dieser ereignisreiche Tag für uns.

Akihabara Otaku Kaufhaus