Zu Gast bei Mönchen

[Tag 13]

Wir pausieren unseren Aufenthalt in Osaka und begeben uns auf den Weg der Erleuchtung.

Der Tag beginnt früh, denn heute fahren wir in die Berge, nach Koyasan. Den großen Koffer lassen wir im Gepäckraum des Hotels zurück. Für die kommenden zwei Tage haben wir nur das nötigste dabei. Mit der Nankai-Linie geht es zunächst nach Hashimoto. Dort wechseln wir in eine kleine Bergbahn direkt gegenüber auf dem Nachbargleis. Die Strecke verläuft anfangs noch recht geradlinig. Das ändert sich jedoch schnell. Denn diese Bahn fährt direkt in die Berge hinein. An steilen Hängen entlang, vorbei an kleinen Bergdörfern und durch Tunnel überwindet sie quietschend und ratternd etwa 440 Höhenmeter. Am Endbahnhof Gokurakubashi steigen wir ein letztes Mal um in die Standseilbahn, welche uns weitere 330m zum Bahnhof Koyasan (867m ü.N.) hinauffährt. Die Bahn ist übrigens ein Schweizer Original. Erst im März diesen Jahres wurden feierlich neue Wagen eingeweiht.

Im Zielbahnhof steht eine kleine Messingschale. Darin befindet sich Zuko (塗香), eine Pulvermischung die stark nach Zimt, Kardamom und anderen feinen Gewürzen duftet. Nach buddhistischer Art verreibt man eine Fingerspitze davon zwischen den Händen um böse Geister zu vertreiben. Gereinigt sind wir nun bereit das heilige Gebiet zu betreten.

Mit dem Bus fahren wir das letzte Stück in die Ortschaft. Die Gegend ist ein äußerst bekannter Pilgerort und besteht fast ausschließlich aus buddhistischen Tempelanlagen. Hier abgeschieden in den Bergen befindet sich das Zentrum des Shingon-Buddhismus. Gegründet wurde die Stätte im Jahr 816 vom Mönch Kukai alias Kobo Daishi (dieser ist wohl entfernt vergleichbar mit Martin Lutter). Shingon bedeutet „Wahres Wort“ und lässt erahnen, dass hier der eine echte Buddhismus gelebt werden soll.

Während das Christentum in Deutschland über die Kirchensteuer finanziert wird, müssen religiöse Einrichtungen in Japan selbst für ihr Auskommen sorgen. Hier in Koyasan haben die Mönche die Beherbergung von Pilgern und Touristen als profitable Einnahmequelle für sich entdeckt. Wir werden zwei Nächte in der Unterkunft des Henjosonji-Tempels verbringen. Das hört sich zunächst strenger an, als es tatsächlich ist. Uns erwarten keine Sutren-Lehrstunden zum Sonnenaufgang und auch kein puritanisches Leben. Vielmehr steht die Entspannung im spirituellen Ambiente im Vordergrund. Im Haus gibt es dazu sogar ein einen großen Baderaum.

Bis zum Bezug der Zimmer ist noch etwas Zeit und Andreas führt die Gruppe durch die nähere Umgebung. Zunächst zum Mittagessen und anschließend zum hiesigen Haupttempel, den Kongobuji. Hier lauschen wir nach einem Rundgang durch das Gebäude andächtig einer Predigt. Dazu wird ein Keks und eine Tasse grüner Tee gereicht. Unser Weg führt weiter durch den malerischen Ort und seine Anlagen. Hier gibt es überall Gelegenheiten ein Siegel für mein Sammelbuch zu erhalten, doch leider habe ich die Tasche mit diesem nicht dabei.

Gemeinsam kehrt die Gruppe zurück zur Herberge. Nachdem wir eine kurze Einweisung erhalten haben, beziehen wir unsere Zimmer. Die Zimmereinrichtung ist wie in einem gewöhnlichen Ryokan. Im gesamten Haus liegt ein süßer Weihrauchduft in der Luft und wir fühlen uns jetzt schon der Erleuchtung ein Stück näher.

Als das Zimmer begutachtet ist, ziehe ich nochmal los, um die verpassten Siegel einzusammeln. Aber die Ausgabestellen haben bereits geschlossen und so bin ich kurze Zeit später schon wieder zurück. Jonas entspannt sich derweil im Bad von diesem erlebnisreichen Tag. Bemerkenswert an dem Bad ist, dass das Becken gänzlich aus Holz gemacht ist.

Um 18 Uhr wird das Abendessen serviert. Das Arrangement ist ebenfalls vergleichbar jenem eines Ryokan – mit einem Unterschied. Die Speisen werden nach buddhistischer Art und Weise zubereitet. Das bedeutet: Kein Fleisch oder andere tierische Produkte. Auch wird auf besonders aromatische Gewürze verzichtet. Die Kost ist sehr bekömmlich, mundet aber nicht jedem aus der Gruppe. Jonas und ich verspeisen dennoch alle Gerichte. Natürlich gibt es zum Abendmahl auch etwas Sake.

Bevor wir uns auf unser Zimmer zurückziehen, machen wir nochmal einen kurzen Abstecher ins Bad. Müde und abgespannt fallen wir pünktlich zur eintretenden Nachtruhe in unsere Futonbetten.

Jonas auf dem Futonbett