Japanisches Badeparadies

[Tag 10]

Unser letzter voller Tag in Kanazawa beginnt gemütlich. Der Wecker ist gnädig und lässt mich gerade so lange schlafen, dass ich fünf vor neun beim Frühstück aufschlage und mich mit Reis und Fleischklößchen vollstopfen kann. Danach geht es direkt zurück aufs Zimmer um die Pläne für den freien Tag zu schmieden.

Andreas hat uns am Anreisetag in Kanazawa den heißen Tipp gegeben, in das örtliche Sento, sprich das öffentlichen Bad, zu gehen und auf Entspannung zu fahren. Leider hatte sich am gleichen Tag schon wenig später herausgestellt, dass das angepriesene Bad für die restliche Dauer unseres Aufenthalts in Kanazawa geschlossen sein sollte. Martin, ein Mitreisender, hat daraufhin Google bemüht und herausbekommen, dass ~20 Minuten zu Fuß vom Hotel ein weiteres Sento existiert. Genau dieses soll Marcos und mein Tagesziel sein.

Um kurz vor zwölf brechen wir auf, setzten uns jedoch zunächst in die entgegengesetzte Richtung in Bewegung, damit Marco beim örtlichen Shinto-Schrein einen Stempel für seine Sammlung abholen kann. Das Vorhaben gelingt. Marco hat eine bedruckte Seite mehr in seinem Buch und wir schreiten weiter dem Sento entgegen.

Oyama Schrein

Weil Marco das Frühstück zu Gunsten des ausgiebigen Schlafs ausgesetzt hat, steigen wir auf unserem Weg in einem kleinen Restaurant mit diversen japanisches Speisen ab (wie wir später herausfinden Spezialitäten aus Osaka), um zu Mittag zu essen. Wie auch oft anderswo werden dort sogenannte Teishokus angeboten; das sind Menüs bestehend aus Reis, Fleisch, einer Misosuppe und eingelegtem Gemüse. Wir nehmen das Katsudon-Teishoku. Kurz vorm letzten Bissen fragt eine Frau vom Nachbartisch auf japanisch, ob es schmeckt. Eine Standardfloskel aus dem A1-Japanisch-Unterricht, auf die wir adäquat antworten können. Die Dame, welche in Begleitung mit einer Freundin zuvor im Gespräch vertieft war, scheint von der Antwort so verzückt, dass sie direkt weiter erzählt und uns Löcher in den Bauch fragt, die wir dann schon weniger adäquat beantworten können. Im Groben und Ganzen geht es um Kanazawa und Osaka, sie zeigt ihren Schlüsselanhänger, der eine Art Glücksbringer ist und dem man die Füsse reiben soll, und die Frage, woher man kommt. Wir bestellen rettend die Rechnung, verabschieden uns freundlich von den beiden und gehen weiter unseren Weges.

Nachdem wir ein beschauliches Wohngebiet durchquert haben, sind wir schließlich an unserem Ziel angekommen. Sofort fällt auf, dass die Dichte an Nicht-Japanern komplett auf uns beide begrenzt ist. Wir lassen uns dennoch nicht entmutigen und wagen erstmals im Leben den Schritt in ein öffentliches japanisches Bad. Wie so oft in Japan funktioniert das Bezahlen hier am Automaten. Glücklicherweise empfängt uns die Dame freundlich und leitet uns durch den Bestellvorgang. So hat am Ende jeder von uns einen Tageseintritt sowie ein kleines und großes Handtuch zur Leihe ergattern können.

Spaziergang durch Kanazawa

Nach kleineren Unklarheiten legt sich die Scheu vor dem Fremden schnell. Wir reinigen uns professionell, wie wir es in Ueda schon gelernt haben und erforschen das Areal. Mehrere Pools: davon sind alle bis auf einen Eiskalten mit heißen Wasser gefüllt. Weiterhin gibt es eine Nass- und eine Trockensauna sowie einen Ruhe-, einen Außen- und einen Waschbereich. Wir probieren natürlich jedes einzelne Becken aus. Darüber hinaus fühle ich mich bedingt durch die nicht vorhandene Kleidung so frei und unbeschwert, dass ich sämtliche Funktionenen, die eine japanische Toilette so zu bieten hat, ausgiebig teste. Die bereits bekannte automatische Heizung der Klobrille, empfand ich bereits zuvor als sehr angenehm, aber auch die Reinigung der tiefer gelegenen Region ist, nach einer kurzen Eingewöhnungsphase, die an das Resultat eines Magen-Darm-Infekts erinnert, aufgrund des danach eintretenden Reinigungsgefühls, sehr zu empfehlen. Für den restlichen Urlaub will darauf nicht mehr verzichten.

Während unseres weiteren Aufenthalts bleiben wir bis kurz vor dem Ende die einzigen Landesfremden im Sento. Lediglich Martin, begegnet uns schlussendlich wieder und verlässt gemeinsam mit uns die Einrichtung.

Manten Bad

Auf dem Rückweg zum Hotel schauen wir in einem Animate, einem Geschäft rund um das Thema Anime und Manga, und einem Sammelkartengeschäft vorbei. Marco kauft sich dort zwei Mangas und ich weitere Magic Karten. Martin versucht danach noch sein Glück bei einem Kran-Spiel, bei dem man versucht Preise mithilfe eines Greifautomaten zu ergattern. Leider bleibt ihm der Erfolg, trotz netter Einweisung durch eine dem Laden entsprechend gekleidete Bedienstete im Stile Maid, verwehrt.

Zurück im Hotel ruhen wir kurz und machen uns ausgehfein, um zur letzten Station des Tages aufzubrechen: dem von Andreas empfohlenen Ramen-Restaurant um die Ecke. Wir machen uns auf den Weg dorthin und ergattern erfolgreich drei Plätze sowie Bestell-Tickets (natürlich aus dem Automaten). Ich entscheide mich für die große Portion. Ergebnis: satt bis oben hin. Glücklich und kugelrund verlassen wir das Ramen-Restaurant, in dem wir auch Andreas getroffen haben, und treten mit kurzem Schlenker zum Lawson (einem Mini-Supermarkt) den Rückweg an. Im Lawson gönne ich mir eine Packung Blasen-Pflaster, da die Blase, die ich seit Toyko mit mir rumschleppe und die trotz Onsen und Sento immernoch keine Ruhe gegeben hat, so zumindest hoffentlich weniger störend sein wird.

Kanazawa Ramen

Wir verbringen den Rest des Abends gemütlich mit einem in einer Tüte getarnten Tetra-Pack Sake in der Toyoko Inn Lobby und lassen zusammen mit den anderen Teilnehmern die Erlebnisse der Reise Revue passieren.