Alles ist im Fluss

[Tag 3]

Tag 2 in Tokyo. Erstaunlich wie schnell ich mich an diese Mega-Metropole gewöhne. Inmitten des Gewusels und der Hektik der Stadt verspüre ich so etwas wie Harmonie. Wehmütig schaue ich bereits auf unsere Weiterreise Übermorgen.

ÖPNV auf Japanisch

Das Nahverkehrssystem hier ist schier unglaublich! Der erste Blick auf das Liniennetz überrollt einen sprichwörtlich mit Informationen. Insgesamt neigen Japaner dazu sehr viele Informationen auf sehr kleinem Raum zu komprimieren. Überall Wegweiser, Hinweisschilder und Tafeln randvoll beschriftet. Aber wenn man sich etwas Zeit nimmt, dann ordnet sich das Bild. Alles ist minutiös platziert, genau am richtigen Ort. So gelingt es schnell sich in diesem Labyrinth zurecht zu finden (auch ohne Sprachkenntnisse). Egal wo man ist und was das Ziel ist. Selbst die Laufrichtungen auf den Treppen sind mit kleinen Tafeln ganau festgelegt.

Als erstes besorgten wir uns Fahrkarten. Jonas und ich kauften gleich eine aufladbare Chipkarte. Das spart nicht nur viele Fahrkartenschnipsel, sondern auch einige Yen je Fahrt. Dazu ist sie natürlich ein kleines Souvenir, dass wir im Falle einer Rückkehr wiederverwenden können. Die Fahrkartenautomaten wirken wie aus einem Raumschiff, typisch japanisch. Vieles hier ist dermaßen technisiert, dass man immer wieder ins Staunen gerät. Und das beste daran: Es funktioniert! JA, kaum zu glauben! Die vielen Geräte laufen einwandfrei und die Menschen halten sich an die Regeln. Sollte etwas kaputt gehen, wird es in Rekordzeit repariert. Kaum einer läuft hier bei Rot über die Straße oder die Treppe in verkehrter Richtung auf oder ab. Die ganze Stadt kommt einem Uhrwerk gleich. Das unüberschaubare Chaos besitzt einen eigenen Takt. Das Organistationstalent der Japaner ist unglaublich. Jeder hier scheint an einem Strang zu ziehen. Eine große Stärke der japanischen Gesellschaft!

Meiji Schrein

Unser erstes Ausflugsziel heute war der Meiji-Schrein. Er liegt nahe Shibuya inmitten einer imposanten Parkanlage und wurde 1920 zur Verehrung von Kaiser Meji (1868-1912) erbaut. Bevor wir den Schrein betraten führten wir am Eingang eine rituelle Waschung durch, bei der Hände und Mund mit frischem Wasser gereiningt werden. Auf der Anlage wurden wir dann Zeuge einer traditionellen shintoistischen Hochzeitsprozession. Am Schrein selbst, dem Haiden, richtete ich ein Gebet an die Götter. Dazu wirft man als erstes einige Yen in die aufgestellte Holzkiste. Nach zwei kleinen Verbeugungen als Begrüßung führt man die Hände zusammen und spricht sein Gebet. Zum Abschluss klatscht man zweimal in die Hände und verbeugt sich ein letztes Mal zur Verabschiedung. Ein anderer Brauch ist es seine Gebete auf sogenannte Ema, kleine Holztäfelchen, zu schreiben und vor dem Schrein aufzuhängen. Neben sehr traurigen Schicksalen waren auch niedliche und schöne Wünsche auf den Tafeln zu lesen.

Kaiserpalast und Ginza

Weiter ging es zum Kaiserpalast. Leider hatte Herr Koyama für uns keinen Termin beim Kaiser erhalten 😉 Also mussten wir uns mit dem Vorplatz und dem klitzekleinen Stück der Anlage, welches öffentlich zugänglich ist, zufrieden geben. Denn Palast und Park sind streng abgeschottet. Besucher können  lediglich einen Blick auf eine unscheinbare Brücke werfen. Aber es ist die wohl berühmteste Brücke in ganz Tokyo. Es handelt sich nämlich um den Hauptzugang zum Palast und sie ist darum auch für Japaner eine echte Touristenattraktion. Teile der Parkanlage werden nur zum Neujahrsfest (2. Januar) und zum Geburtstag des Kaisers für die Öffenlichkeit geöffnet.

Vom Vorplatz aus hatte man einen fantastischen Blick auf die vielen (modernen) Bürokomplexe, die sich etwa 1km entfernt auftürmten. Dahinter liegt Ginza. Quasi der Ku’damm mit schicken und teuren Geschäften, nur besser größer und schöner! Die Häuserschluchten auf dem Weg dorthin erinnern stark berühmte amerikanische Städte. Es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied: Den Verkehr. Man müsste meinen, Tokyo versinke im Verkehrschaos. Dem ist nicht so, im Gegenteil! Die Straßen sind nur mäßig befahren. Ich habe in der Innenstadt bisher keinen einzigen Stau gesehen. Die Autos sind klein und perfekt für die Stadt geeignet. Der Rest fährt mit Bus oder Bahn (siehe oben).

Es war nun Zeit für ein Mittagessen. Jonas und ich nahmen Platz in einem kleinen chinesischen Restaurant/Imbiss. Chinesische Gerichte sind hier etwas anders als bei uns Zuhause, aber nicht weniger lecker. Ich beginne all diese kleinen Restaurants und Ramenshops zu lieben. Hier gibt es gutes Essen zu günstigen Preisen. Es existieren soviele davon, dass jeder etwas für seinen Geschmack findet. Eisgekühltes Wasser gab es wieder gratis (der Standard überall hier). Gestärkt besuchten wir den Ameyoko-Markt. Eine Einkaufsstraße für Jedermann. Die ganze Straße gleicht einem Basar! Ich kann einen Bummel nur empfehlen. Viele kleine Läden, dicht an dicht. Von Elektronik, bis zu frischem Fisch ist alles dabei. Handeln und Feilschen sind hier nicht unüblich.

Akihabara

Das offizielle Programm fand nun sein Ende für heute. Jonas und ich entschieden in ein Viertel zu fahren, dass ganz besonders auf uns zugeschnitten ist: Akihabara, der Ort für Männerspielzeuge. Elektronik, Technik, DVDs/CDs, Kartenspiele, Actionfiguren, Mangas und mehr haben hier ihr Zuhause. Langsam wurde es dunkel und die Stadt überraschte uns von ihrer leuchtenden Seite. Jonas fand sogar ein kleines verstecktes Geschäft für Magickarten. Jedoch bekam er nicht das, wonach er suchte. Wir werden uns morgen nochmal auf die Suche machen. Wir betraten noch ein großes Elektronikgeschäft. MM ist ein Witz dagegen. Die Produktvielfalt erschlägt einen. Durch die geographische Nähe zu China ist das Angebot unglaublich vielfältig, nicht vergleichbar mit dem was ich bis heute kannte. Im Geschäft selbst spielt von allen möglichen Ecken laute Musik und die Angestellten fungieren sogar als eine Art Marktschreier. Scheinbar ist dies die Atmosphäre, welche hiesige Asiaten in Kauflaune versetzt. Ich bin übrigens fündig geworden und konnte einige Amiibo Woll-Joschis erstehen, die in Europa seit Monaten vergriffen sind 🙂

Das Abendessen

Nach der Kräfte zehrenden Shoppingtour wurde es Zeit für das Abendessen. Wir trafen uns mit drei unserer Mitreisenden und machten uns auf die Suche. Es dauerte etwas, bis wir ein Restaurant fanden, mit dem alle einverstanden waren. Während unserer Suche wurden wir sogar eines Geschäfts verwiesen: „Keine Ausländer“ hieß es dort. Da war sie wieder, die zurückweisende Haltung einiger Japaner gegenüber Fremden. Diese Art der Diskrimierung am eigenen Leib zu erleben, lässt Nachdenken über das eigene Verhalten in der Heimat. Zum Glück gibt es auch sehr nette und gastfreundliche Japaner! Die Bedienung in dem Restaurant in dem wir letztendlich Platz nahmen war sehr freundlich und hilfsbereit. Mit einem Bild von unserer Mahlzeit möchte ich mich nun verabschieden für heute. Gute Nacht!

Abendessen in Tokyo